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Guns and Moses
Shalom.
Kürzlich gestattete mir eine glückliche Fügung, einen
weiteren Teil meines lang gehegten Plans zu verwirklichen,
nämlich, alle Länder der Erde zu bereisen, die mit i
anfangen. Vier von momentan acht (ich bete täglich für das
Scheitern der Unabhängigkeitsbestrebungen in Inguschien und Irian
Jaya) hatte ich schon, nun kann ich das fünfte, Israel,
abhaken. Ich muss sagen, ein tolles Land. Schön warm, tolle
Strände, blauer Himmel, Wunder der Natur, der Geschichte und
der Architektur, lecker essen - trotz der ganzen komplizierten
Vorschriften: wenn man aus Versehen die Gabel in den Joghurt tunkt,
muss sie erst neu eingesegnet werden, bevor man damit wieder Fleisch
essen darf. Wurstbrote gibt's gar nicht, und nicht koscher sind neben
Wurstbroten unter anderem Schwein, Pferd, Hai, Krabbencocktail, alle
Heuschreckenarten außer vier, Innereien außer Leber, Aal,
Kaninchen, Spaghetti Carbonara und Cheeseburger. Ob Schwertfisch
koscher ist oder nicht, ist Gegenstand aktueller
Diskussionen. Bitte. Dennoch sind die grundlegenden Voraussetzungen
für einen gelungenen Urlaub gegeben: Alle sprechen Englisch, die
öffentlichen Verkehrsmittel fahren regelmäßig
überall hin, und man kann an jeder Ecke lecker Bier kaufen.
Natürlich höre ich jetzt den Einwand: Was ist mit den
Attentaten? Rät das Auswärtige Amt nicht von Reisen nach
Israel ab? Ist eine solche Reise nicht schlicht lebensmüde? Nun,
werter Leser, da Du so viel Geduld aufbrachtest, bis hier zu lesen,
will ich nicht länger drumherumgeheimnissen: Man gewöhnt
sich dran. Die Bevölkerung hat sich in bewundernswerter Weise
drauf eingestellt. Man wird halt beim Betreten eines jeden
öffentlichen Gebäudes bis auf die Knochen
durchleuchtet. Aber jeder lässt das geduldig über sich
ergehen. Die Wartezeit vertreibt man sich durch Scherzen und
Flirten. An öffentlichen Plätzen, wie Märkten und
Busbahnhöfen, lässt sich's dagegen nun Mal nicht vermeiden,
dass hin und wieder ein arabischer Selbstmordattentäter
explodiert. Da heißt es einfach fix sein, Augen auf, dann
entgeht man den etwa stündlich auftretenden Explosionen ganz
routiniert. Das geschulte Auge erkennt den Attentäter bereits von
weitem an seiner fickerigen Art. Schließlich
wird er in Kürze ins Paradies einziehen und einen Harem von 99
wunderschönen Jungfrauen zu beschäftigen haben. Da diese
Leute meistens sehr junge Männer sind, oft noch Teenager, wissen
die meisten noch nicht mal, was sie mit einer einzigen wunderschönen
Jungfrau anfangen sollten. Da kann einen die Aussicht auf 99 davon
schon ziemlich nervös machen.
Die einheimischen Juden sind dann auch sehr routiniert im Umgang mit
Selbstmordattentätern. Oft geschieht es, dass ein solcher einfach in
einen der bereitstehenden betonummantelten Stahltröge geworfen wird
und dort kontrolliert explodiert, ohne Schaden bei den Umstehenden
anzurichten.
Ähnlich routiniert ist der Umgang mit Schnellbootattentaten am
Strand. Der Strand von Tel Aviv etwa ist einmalig, sauber, ganz feiner
Sand, und sehr zentral gelegen, 2 Minuten vom Zentrum. Die
einheimischen Juden wollen verständlicherweise an einem
heißen Tag - und derer hat es viele dort - nicht auf ein Bad an
diesem schönen Platz verzichten. Leider kommt es oft vor, dass
sich palästinensische Terroristen auf einem Schnellboot von hoher
See aus dem Strand auf nur 100 m nähern und mit Maschinengewehren
und Panzerfäusten die Badegäste beschießen. Daher gibt
es überall am Strand Schützengräben, in die man sich in
einem solchen Fall rechtzeitig rettet. Viele einheimische
Badegäste tragen ständig Schusswaffen. Sie erwidern dann das
Feuer, und die vereinten Kräfte der Badegäste, der
Küstenwache, der israelischen Marine und der
Hubschraubereinheiten der israelischen Luftwaffe machen die tapferen
Terroristen dann schnell und effektiv zu Märtyrern für die
heilige Sache, Dschihad und das, die ungläubigen Teufel ins Meer
treiben und so. Was auch immer die eigentlich genau wollen. So genau
konnte mir das auch keiner sagen.
Die Raketen sind natürlich eine andere Geschichte. Dauernd
und immer schlagen Qassam-Raketen ein. Man hört diese Biester
kaum kommen, und wenn, ist es eh zu spät. Da heißt es
einfach abhärten, gesunde Ernährung, früh aufstehen,
Wechselbäder, viel Sport, dann kann so eine Rakete gar nicht mehr
so richtig die Gesundheit gefährden. Und das Haus ist mit Hilfe
der Nachbarn fix wieder aufgebaut. Das mit der Gesundheit sieht man
auch an den jüdischen Einheimischen: Entgegen dem alten
Vorkriegsklischee, Juden würden sich durch grotesk große
und krumme Nasen auszeichnen, dünne, gebeugte Hälse, krause
Haare, kleinen Wuchs, und so weiter, ist der Jude wie wir ihn hier
erleben am besten zu beschreiben als eine sehr glückliche
Kreuzung aus Discotürsteher und argentinischem
Nationalspieler. Groß und schlank, heaufiger auch groß und
muskulös, schöne Gesichtszüge, breite Schultern,
braungebrannt, schwarzes, welliges langes Haar, gegelt bis hinten
gegen, gepflegt, Sonnenbrille, enganliegendes T-Shirt, smartes
Lächeln, betont lässig. Genauso wie ich eigentlich selber
aussehen möchte, zumindest wenn ich am Strand liege und auf meine
fahle Pocke gucke. Typisch ist: Eine der nur 6 olympischen
Goldmedaillen, die Israel je errang, gab's 2004 im Windsurfen. Das
sagt viel. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie die Nazis und
andere Rechte früher das bekannte Klischee glaubhaft propagieren
konnten. Diese Adonisse als klein, krumm und mager abzubilden ist
absolut unglaubwürdig. Als Neonazi würde ich es mir zweimal
überlegen, ob ich nicht lieber gegen jemand anders sein
möchte, Italiener z.B., oder Pygmäen, das ist gut: Das
Weltpygmäentum, das internationale Finanzpygmäentum, der
pygmäische Bolschewismus. Das wäre weit weniger
gefährlich, für den Neonazi jetzt. Für die Pygmäen
wär's natürlich schon doof.
Also, genug geschwafelt, wen es nervös macht, wenn dauernd
auf ihn/sie geschossen wird, oder wenn um ihn/sie herum Leute
explodieren, für den ist dieses schöne Land leider
nix. Allen anderen rate ich unbedingt zu einem Besuch. Mazeltov.
PS: Und die Frauen erst...