Khalil Gibran (1883-1931) libanesisch-amerikanischer Dichter und Philosoph
Auge um Auge, das ist die alttestamentarische Rachementalität. Die Idee, dass ein Unrecht gesühnt werden kann, allein dadurch ein zweites zu begehen. Ein Unsinn mit dem Jesus bereits im Neuen Testament aufräumt, wenn er sagt, dass man seine linke Wange hinhalten soll, wenn man auf die rechte geschlagen wurde. Und man sollte sich selbst fragen, ob ein Leid, dass ich ertragen musste, dadurch besser wird, das ich es jemand anderem nocheinmal antue. Keine Wunde heilt schneller, nur weil ich sie jemand anderem auch schlage. Kein Toter kann lebendig gemacht werden durch den Tod eines weiteren Menschen. Die Welt wäre um einiges friedlicher, wenn die Menschen vom Auge um Auge lassen könnten. Wieviele Konflikte beruhen auf vergangenem Unrecht, dass die eine Partei nun sühnen will. Die Kriege auf dem Balkan und der Nahostkonflikt wären naheliegende Beispiele.