Die bittersten Worte, die Menschen einander sagen, wirken selten so entzweiend wie die unausgesprochenen, die der eine vom andern vergeblich erwartet.

Hans Carossa (1878-1956) deutscher Lyriker und Erzähler


Das Zitat ist erst etwas seltsam, es geht aber in dieselbe Richtung wie die alte Weisheit, dass das Gegenteil von Liebe nicht Hass sondern Gleichgültigkeit ist. Wenn wir bittere Worte zueinander sprechen dann meist im Streit. Aber sind wir mal ehrlich, verletzt uns das wirklich so sehr? Haben wir im Streit etwas anderes zu erwarten? Aber selbst wenn wir nicht streiten, bedenken wir, von wem wir bittere Worte zu hören bekommen könnten. Ist es ein Fremder, jemand mit dem wir sonst nichts zu tun haben, nun was kümmert es uns dann? Da können wir doch getrost drüber stehen. Viel mehr wiegt da wohl das Wort eines uns nahestehenden Menschen. Aber in diesem Bereich kommen bittere Worte selten überraschend, sondern kündigen sich an, meist wissen wir schon vorher, dass wir etwas getan haben, was den Unmut unseres Umfeldes hervorrufen wird.
Nein, wirklich schlimm wird es erst, wenn unsere Erwartungen an den anderen bitter enttäuscht werden. Wenn wir etwas besonders gut getan haben und ein Lob erwarten, eine positive Reaktion, aber es passiert nichts. Wenn wir gerne hören würden, dass wir geliebt und angenommen werden, aber nichts dergleichen geschieht. Und da kann ich mir gut vorstellen, dass das einander mehr entfremdet, mehr zur Abkehr bewegt als ein paar Gemeinheiten, die man uns an den Kopf wirft.


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