Vergesslichkeit ist eine Form der Freiheit.

Khalil Gibran (1883-1931) libanesisch-amerikanischer Dichter und Philosoph


Seltsam, da wird allgemein nicht sehr gut von der Vergesslichkeit geredet. Man kann sich wohl kaum einen Moment vorstellen, da jemand ausgerechnet für seine Vergesslichkeit gelobt wird. Und wenn einer beim Verhör oder vor Gericht vergesslich ist, dann meisten aus dem Grunde, weil es gerade nicht ist.
Aber nehmen wir das Zitat ruhig mal ernst. Es ist schon was dran. Unsere Erinnerungen schränken uns ein. Wir machen Erfahrungen aus denen wir Urteile bilden, vielleicht sogar Vorurteile? Wenn eine Freundschaft oder Beziehung durch einen Streit belastet ist, wäre es da im Umgang miteinander nicht einfacher, man könnte es einfach vergessen? Oder die schmerzhaften Erinnerungen im Leben, auch da wäre es manchmal schön, sie einfach zu vergessen. Vergesslichkeit ist die Freiheit vor unangenehmen Erinnerungen, lästigen Alltagsaufgaben oder auch vor der meisten Verantwortung. Es ist die Freiheit unbelastet allen anderen gegenüber treten zu können. Es ist so eine Art "die Uhr zurückdrehen".
Aber so ganz stimmt das eben doch nicht. Auch wenn wir uns unbelastet begegnen, die Uhr lässt sich nie wieder zurückstellen. Menschen, die usner Leben verlassen haben, würden uns in der Vergesslichkeit endgültig verlassen. Unsere Erinnerung mag uns außerdem vor manchem Schaden bewahren, dass wir Fehler eben nur einmal machen und nicht immer wieder. Letztlich ist es zwar im ersten Moment schön, sich unbelastet gegenüber zu treten, aber man selbst und die Beziehungen können auch an der Herausforderung wachsen, die es bedeutet mit den Fehlern der Vergangenheit umzugehen.


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