Auf der höchsten Stufe der Freundschaft offenbaren wir dem Freunde nicht unsere Fehler, sondern die seinen.

François de La Rochefoucauld (1613-1680) französischer Schriftsteller


Klingt ja erstmal etwas großkotzig. Nee, nicht unsere eigenen Fehler erkennen wir und reden drüber, sondern auf den Fehlern des anderen hacken wir mal schön genüsslich ein. So klingt das erstmal, aber wenn wir uns darauf einlassen und mal etwas länger über das Zitat nachdenken, dann stimmt die Aussage von Rochefoucauld schon.
Denn es gehört einiges an Mut dazu einen anderen auf seine Fehler hinzuweisen, oft tun wir es nicht. Wie oft läuft was verkehrt, aber wir denken uns, was soll's, lassen wir ihn das doch falsch machen, was geht es uns überhaupt an? Machen wir doch daraus keine große Sache und Schweigen dazu. Und wie schwer tun wir uns einen Freund zu kritisieren? Was schluckt man nicht alles aus Höflichkeit hinunter um den anderen nicht vor den Kopf zu stoßen.
Aber wenn wir richtige, gute Freunde sind, dann fühlt sich der andere ja vielleicht gar nicht durch unsere Kritik vor den Kopf gestoßen. Wir kritisieren dann nicht, um den anderen bloßzustellen, um uns selbst als besser darzustellen, sondern aus dem ehrlichen Interesse am anderen und daran, dass wir ihm helfen wollen. Ein bißchen wie ein Sporttrainer, der seine Spieler ja auch ehrlich kritisieren muss, damit sie sich verbessern können. Wenn der aus Höflichkeit zu allem Schweigen würde, gäbe es gar keine Verbesserung bei den Spielern. Man tut dem anderen nicht immer einen Gefallen, wenn man nichts sagt. Wie man die Kritik aber so verpackt, dass sie ankommt, wie sie gemeint ist und nicht beleidigend, das ist eine andere Herausforderung. Eine, die wir in einer guten Freundschaft nicht mehr meistern brauchen, weil der andere unsere Absichten versteht.


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