Höflichkeit ist ein notwendiger Schutz gegen die Aufrichtigkeit.

Emanuel Wertheimer (1846–1916), deutsch-österreichischer Philosoph und Aphoristiker


Aufrichtigkeit ist ein großes Wort. Das kommt vom Aufrichten, von Menschen mit geradem Rücken, die nicht buckeln vor anderen und sich nicht beugen. Also nicht nur bequeme und schmeichelende Worte bereit haben, die nicht nur das sagen, was der andere hören will. Aufrichtigkeit kann heißen, auch dann gegen den Strom zu schwimmen, wenn einem das selbst Nachteile einbringt. Dazu gehört viel Mut.
Höflichkeit steht der Aufrichtigkeit nicht direkt entgegen. Höflichkeit ist vielmehr das Gegenteil zu Rücksichtslosigkeit. Höflichkeit kommt von dem höfischen Benehmen, geht aber über reine Benimmregeln hinaus. Bei der Höflichkeit geht es nicht darum "Bitte" und "Danke" mechanisch zu sagen, Höflichkeit ist die Haltung, mit der man "Bitte" und "Danke" ehrlich ausspricht.Höflichkeit fordert die Aufrichtigkeit in uns an diesen Stellen heraus, eben wahrhaftig höflich zu sein und nicht nur so zu tun als ob. Höflichkeit ist die kleine Schwester der Nächstenliebe, weil Höflichkeit auch bedeutet, den anderen und seinen Wert zu achten, seine Privatsphäre zu akzeptieren.
Aufrichtigkeit kann verletzend sein, wenn sie falsch formuliert wird. Aufrichtig zu sein bedeutet nicht zwingend den anderen anzugreifen. Kritik, die ausgesprochen werden muss, kann man meistens auch so auftischen, dass sie den anderen achtet. Dann ist sie höflich und aufrichtig zugleich.


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