Wer meint, reif zu sein, gebe acht, dass er nicht schon bald zu faulen anfängt.

Walter Ludin (*1945) Schweizer Mönch, Journalist und Aphoristiker


Man solle nur nicht meinen, man hätte schon alles im Leben gesehen oder gar ausgelernt. Das Leben ist so groß, es überrascht einen dann doch immer wieder. Die Leute, die sagen, sie hätten bereits alles gelernt, scheinen mir mehr solche zu sein, die gar nichts gelernt haben. Seine eigene Fehlbarkeit zu erkennen ist ein wichtiger Schritt im Umgang mit anderen. Denn es hilft über die Schwächen der anderen hinwegzusehen, wenn man sich seiner eigenen ebenso bewusst ist. Gemäß einem Wort Jesu vom Splitter im Auge des Bruder das trotz (oder vielleicht wegen?) dem Balken im eigenen Auge nicht bemerkt wird.
Wann sind wir reif? Und für was? Ich glaube, reifen ist ein lebenslanger Prozess. Bei Pflanzen ist es so, nachdem sie reif waren, fangen sie an zu verfaulen. Ein Baum der nicht mehr wächst, beginnt zu sterben. Und das kann man auch auf uns übertragen, wenn wir glauben reif zu sein, ausgereift, dann gibt es keine innere Entwicklung mehr, wir schneiden uns selbst vom Leben und seinen Erfahrungen und Veränderungen ab.


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