Die besten Ratschläge der Pädagogen und Psychologen
Falko Peschel
- SZ: Lernen wollen und sich selbst Aufgaben stellen,
ist aber doch ein Unterschied. In der Mathematik etwa gibt es
Aufgaben, auf die man nicht selber kommt, schon gar nicht als Schüler.
Falko Peschel: Eine Aufgabe, auf die man nicht selbst kommt, sollte
man auch nicht rechnen.
Wie funktioniert
freier Unterricht?, Interview sueddeutsche.de, 7.7.2003.
"Spagat zwischen Fördern und Fordern"
In Museen gibt es für Kinder nichts zu entdecken
-
SPIEGEL: Wie können Eltern, die mit ihrem Kind mitten in einer Großstadt leben,
noch inspirierend sein?
Gerald Hüther (57, Leiter der Abteilung für neurobiologische
Grundlagenforschung an der Psychiatrischen Klinik der Universität Göttingen):
Die Eltern können sich mit den Kindern aufs Fahrrad setzen und dorthin
fahren, wo es etwas zu entdecken gibt. Keine Museen, sondern Schrottplätze,
Müllhalden! Oder Wiesen,
Bäche, Wälder - da gibt es viele Möglichkeiten.
(
Interview mit dem Titel: "Wissensdurst wird durch Klugscheißerei verdorben". Der Neurobiologe Gerald Hüther über die Lust am Spielen.)
(Nichts gegen Schrottplätze, Müllhalden, Wiesen,
Bäche und Wälder -
aber warum werden Museen explizit ausgeschlossen??)
-
Ob man
die Mathe-Hausaufgaben direkt nach der Schule, nachts
unter der Bettdecke oder überhaupt nicht macht: der
Effekt auf die Zeugniszensur ist derselbe, nämlich gleich null.
(Professor Hans Gängler von der Fakultät Erziehungswissenschaften der TU Dresden, 01.02.2008)
Wie beweist er das? Zum Beispiel so: er befragt Lehrer und stellt
fest, dass etwa ein Drittel der Befragten zugab, gar nicht einschätzen zu
können, ob Hausaufgaben überhaupt irgendeinen Effekt auf die Schüler hätten.
Also zwei Drittel waren der Meinung, dass die Hausaufgaben etwas bewirken... -
Man beachte, dass sich die Fakultät in Dresden
"Fakultät Erziehungswissenschaften" nennt!
Gute Schüler werden durch Hausaufgaben nicht unbedingt noch
besser, und schlechte Schüler begreifen zuhause durch
bloßes Wiederholen noch lange nicht, was sie schon am
Vormittag nicht richtig verstanden haben.
Galt früher in Dresden sicher das Lenin'sche Prinzip:
Üben, üben, nochmals üben
|
so findet Gängler dies empörend, denn
Hausaufgaben sind der Hauptfeind aller freien, unbeschwerten
Nachmittagsvergnügungen.
|
- Das ist natürlich ein gefundenes Fressen für bildungsferne Medien,
so hat Spiegel Online gleich eine vierteilige
Artikelreihe vorgelegt: Besser lernen ohne Hausaufgaben.
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7.2.2008: WELT ONLINE
Wir müssen die Hausaufgaben umfassend in den Schulablauf integrieren,
sagte Oettinger (Baden-Württembergs Ministerpräsident),
Um Zeit für die Aufgaben am Nachmittag in der Schule zu gewinnen,
müssten Stunden in Chemie, Physik oder Biologie gestrichen werden.
Die Verteufelung des Faktenwissens
Ebenfalls
7.2.2008: WELT ONLINE
Ministerin Kramp-Karrenbauer (Präsidentin der Kultusministerkonferenz)
sagte, die Kultusminister seien dabei,
die Erfahrungen mit dem achtjährigen Gymnasium in einer Arbeitsgruppe
zusammenzutragen.
Wir müssen überlegen, ob die Zahl der Jahresstunden
nicht verkürzt werden kann. Es gibt noch eine zu große
Fixierung auf Faktenwissen.
(Im Alltag ist jedem Schüler die Bedeutung von Faktenwissen klar:
sei es der gegenwärtige Tabellenstand der Bundesliga, die
Leistungscharakteristika von PKWs, alle möglichen Informationen
über Fernseh- und Filmstars..., - die Kultusminister dagegen
möchten, dass nur noch geschwafelt wird...).
Was wird von Kindern im Mathematik-Untericht erwartet?
Neue Wege 6 (hrg. Lergenmüller, Schmidt), Einleitung zum Abschnitt
Rechenausdrücke mit Brüchen:
Erinnerst du dich noch an die
Rechenregeln aus dem letzten Jahr? Wie beim Rechnen mit natürlichen
Zahlen benötigt man beim Rechnen mit Brüchen Vorfahrtsregeln
und Klammerregeln. ... Du erinnerst dich nicht? Macht auch
nichts, nach diesem Kapitel bist du wieder Experte. (p.130)
Anmerkung: Kritisiert wird hier nicht, dass die Rechenregeln wiederholt
werden, sondern dass den Kindern durch derartige Formulierungen suggeriert
wird, dass man gar nicht erwartet, dass sie sich an die Regeln erinnern!
Prüfungsangst in der Schule
Problem: In einigen Bundesländern werden Schüler in fast
jeder Unterrichtsstunde an der Tafel abgefragt. In vielen Fällen
wirken diese Situationen für Schüler selbstwertbedrohlich.
Ratschlag: Es ist daher sinnvoll, ... Abfragen an der Tafel generell
zu vermeiden.
(Stephanie Lichtenfeld, Dept Psychologie der Uni München,
in: Herzrasen und feuchte Hände. mathematik lehren, Heft 135
(2006)
Nach dem Amok-Lauf eines 16-jährigen Schülers in Berlin.
"Das paßt überhaupt nicht in das Bild, das ich von diesem Jugendlichen habe",
sagte der Leiter der Johann-Thienemann-Hauptschule in Steglitz, Olaf Garcke.
"Er ist ein netter und höflicher Schüler,
Ich kann es mir nur so erklären,
daß er zwei Gesichter hatte". Allerdings sei der Junge bereits in der Grundschule
durch Schulschwänzen und Rangeleien mit Mitschülern auffällig geworden.
Im vergangenen Jahr war der 16jährige, unter anderem weil er Lehrer beleidigt
und gestohlen hatte, von der Leistikow-Hauptschule in Zehlendorf an die
Johann-Thienemann-Schule versetzt worden.
"Die Taten waren im Einzelnen nicht
gravierend, aber insgesamt doch bedenklich", betonte Garcke.
Auch an der neuen Schule fiel der Junge wieder auf. So erhielt er unter anderem
einen Tadel, weil er auf einem Schul-PC Internetseiten mit Gewaltdarstellungen
angesehen hatte. Wegen des Vorfalls mußte er ein Antigewalttraining absolvieren,
der Junge habe sich aber auch selbst an die Schulpsychologin gewandt, erläuterte
Garcke.
"Immer wieder schwänzte der 16jährige die Schule,
auch nachdem wir den
Vater informiert hatten". Das Faß zum Überlaufen brachte der Schüler offenbar,
als er in der Schule ein Butterflymesser bei sich trug.
"Danach wurde entschieden,
der Jugendliche muß in einer kleineren Gruppe betreut werden".
(alles aus: www.welt.de)
Aus einer Umfrage der Berliner Morgenpost über die Situation an den Hauptschulen,
publiziert am 4. April 2006:
Handyverbot, Taschenkontrollen in Verdachtsfällen und drei klare Regeln haben
an der Johann-Thienemann-Schule in Steglitz dazu geführt,
"daß es heute kaum noch
Probleme mit Gewalt gibt", so Schulleiter Olaf Garcke.
Jedem Kind wird bei der
Aufnahme in Anwesenheit der Eltern mitgeteilt, daß Gewalt gegen Mitschüler,
das Bestehlen von Mitschülern und Drogen an der Schule tabu sind.
So einfach ist's!
... und Kommentare von Journalisten:
Nachdem in München ein ehemaliger Grundschulrektor nach Verlassen der U-Bahn
zusammengeschlagen wurde, weil er zwei Jugendliche ermahnt hatte, nicht in der U-Bahn
zu rauchen, stellt Jens Jessen in einem Video-Blog
die Frage, ob es nicht "zu viele
besserwisserische deutsche Rentner gibt, die den Ausländern hier das Leben
zur Hölle machen und den Deutschen auch," und sieht ihn in "einer
unendlichen
Kette von Gängelungen, blöden Ermahnungen, Anquatschungen".
Die taz (17.Juni 2008) legt noch nach: die Deutschen seien eben "eine Nation von
Hausmeisterinnen, Gestapozuträgern und Pöblern".
(Anmerkung: Jesse ist nicht irgendein Journalist, sondern der Feuilletonchef der ZEIT, das
Video
selbst
wurde auf einer offiziellen Internet-Seite der ZEIT veröffentlicht.)
Der Spiegel zu Winnenden
Wie schützt man Schüler und Lehrer vor Amokläufern wie dem 17-jährigen
Tim K.? "Die Konzepte sind da, wir können sofort loslegen", sagen Experten,
doch das Geld zur Umsetzung fehlt. In Schulen werde zudem auf Selektion
und Konkurrenz gesetzt - ein Nährboden für Mobbing und Extremtäter.
(Annette Langer und Jörg Diehl, gleich am 12.03.2009,
Spiegel Online)
Auch im Berufskolleg diskutierte Tims Klasse
das Thema "Amoklauf in Erfurt" und die neuen Waffengesetze. Dabei
habe Tim sich mit den Vorschriften ausgekannt und gewusst, dass
eine der Regeln sei, nicht auf Menschen zu zielen.
Spiegel Online, 14.03.2009
Zusatz: Die Ausstattung der Schule, die T.K. besuchte, mit professionellen Helfern
ist im Vergleich zu öffentlichen Schulen paradiesisch:
Eine Psychologin und drei
Sozialpädagogen stehen dort zur Verfügung.
Claus Michael Ringel