Zur "Causa Guttenberg"

Die Universität Bayreuth behauptet, auch an der Universität Bielefeld gäbe es vergleichbare Vorfälle

(siehe unten).

Soweit ich sehe, wurde dies bisher nicht dementiert!


Zur Zeit kursiert eine
Erklärung von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern
zu den Standards akademischer Prüfungen
für die Unterschriften gesammelt werden.

Ich unterstütze alle darin formulierten Aussagen vehement, bedaure aber, dass nur eine Seite des Problems angesprochen wird - die zweite, meines Erachtens mindestens ebenso wichtige, wird ausgespart: die Frage nach dem Begutachtungsprozess des vorgelegten Textes (dies betrifft natürlich ebenso die "Standards akademischer Prüfungen")!

Viele der Plagiate stammen aus Texten, die schon vor längerer Zeit publiziert wurden, es ist also davon auszugehen, dass alle diese Inhalte den Gutachtern (so sie denn Fachleute sind, aber daran hat bisher niemand gezweifelt) bekannt sein mussten. Warum also wurde die Dissertation überhaupt angenommen, ja sogar mit dem Prädikat summa cum laude ausgezeichnet? Unabhängig von der Plagiatsfrage ist also zu diskutieren, ob der vorgelegte Text wirklich zum Zeitpunkt der Abgabe vor dem Hintergrund des damaligen Forschungsstands das Prädikat summa cum laude verdient habe.

Zu fordern wäre insbesondere die Offenlegung der Gutachten, aber auch die Überprüfung aller weiteren Promotionsverfahren, an denen die Gutachter beteiligt waren.

Immerhin scheint mir auch die Frage, inwieweit finanzielle Zuwendungen an die Universität Bayreuth bei diesem Verfahren eine Rolle gespielt haben, bisher nicht zufriedenstellend geklärt zu sein: bezeichnenderweise beschränkt sich die diesbezügliche Erklärung des Präsidenten der Universität Bayreuth auf eine Wortspielerei (es habe sich nicht um Sponsering, sondern um einen Kooperationsvertrag gehandelt).

Bielefeld, 7.3.2011 C. M. Ringel

Zusatz 11.04. Die Diskussion um Guttenbergs Plagiat ist nun wieder aufgeflammt. Aber auch jetzt gibt es nur wenige Kommentare, die das Problem der Begutachtung benennen. Immerhin:

Die Causa Guttenberg wirft aber auch einen dunklen Schatten auf die beteiligten Professoren der Uni Bayreuth. Hier muss lückenlos geklärt werden, wie es dazu kommen konnte, dass des Barons dreiste Flickschusterei mit der Bestnote geadelt wurde.
(Detlev Hüwel in: Rheinische Post, Düsseldorf, 11.04.2011)

Warten wir ab, was der Bericht der Uni dazu sagen wird!! Wetten wir: Nichts.

Zusatz 26.05.2011. Inzwischen gibt es den Bericht, insgesamt 83 Seiten, mit beiden Gutachten zur Promotion.

Die Gutachten sind sehr detailliert, die Arbeit (von wem auch immer sie oder auch die einzelnen Teile stammen) wird sehr gelobt. Es wäre wichtig, wenn hier ein Fachmann die einzelnen Aussagen überprüfen würde . Zum Beispiel liest man: "Was die deutsche Literatur angeht, so ist auch hier der Verf. durchweg auf dem neuesten Stand" (da die Gutachter die Plagiate nicht erkannt haben, fragt man sich, was eine derartige Bemerkung bedeutet).

Auf Seite 33 steht: "Der Vorfall hat sich an einer bayerischen Universitä ereignet. Derartige Vorfälle ereignen sich auch an jeder anderen Universität." Das ist eine zwar naheliegende Vermutung, es wäre aber wichtig, hier auch Beweise vorzulegen (um einen derartigen Sumpf auszutrocknen), ansonsten sollte dies als eine bösartige Unterstellung zurückgewiesen werden.


Zusatz

(für Mathematikerinnen und Mathematiker)

Wenn es jemandem gelänge, mit altbekannten Methoden die Riemannsche Vermutung zu beweisen, so würde er oder sie die höchsten Auszeichnungen erhalten, selbst wenn es in der Ausarbeitung keinerlei Verweise auf die Urheber der verwendeten Methoden gäbe.