Ich war im Oktober 2004 in Boston (für die Maurice Auslander Distinguished Lectures) - trotz meiner Vorbehalte gegen die derzeitige amerikanische Politik. Aber im Oktober konnte man noch denken, dass dies die Politik einer Regierung ist, die überhaupt nur mit Tricks an die Macht kam ... (und ich habe in meinem Leben viele andere Länder besucht, deren Regierungspolitik mir nicht gefallen hat).
Die Situation hat sich durch die Wahl am 3.November völlig verändert. Gehen wir davon aus, dass es sich um eine echte (freie) Wahl gehandelt hat, so muss man feststellen:
Fast 60 Millionen Amerikaner haben abgestimmt:
Dass sich 58 Millionen darüber freuen, wenn es massive Steuererleichterungen für eine kleine Oberschicht gibt, mag man kurios finden. Ernst nehmen muss man jedoch auch von außerhalb Dinge wie die Ablehnung des Kyoto-Protokolls (und des Internationalen Strafgerichtshofs).
Und es sind meines Erachtens die Intellektuellen, die dafür die Verantwortung übernehmen müssen. Es gab ja genügend Warnungen gegen Bush (Wenn ich "Bush" sage, so meine ich natürlich nicht die Person, die ja sicher keine einzige der Entscheidungen selbst getroffen hat, sondern die Leute, die hinter ihm stehen). Denn wo ist der große Protest? Alle finden sich offensichtlich mit diesen Entwicklungen stillschweigend ab, möglicherweise hofft man, davon zu profitieren! Warum denn nimmt man hin, dass die Republikaner von sich behaupten, ihre Politik baue auf "values and morality" auf? Das Gegenteil ist der Fall! Auch wenn man nichts von Bush hält, eines kann man ihm nicht absprechen: er ist ein großartiger Schauspieler, und die Rolle ist spätestens seit Moliere bekannt: Tartuffe!
Wer gegenwärtig in die USA reist, der müsste über andere Dinge als über Mathematik reden - gerade bei AMS-Tagungen (denn auch die AMS ist ja in das Verdrängungsgeschäft eingebunden und segnet vieles ab).
17.11.2004 |
16.01.2005: Bush Says Election Ratified Iraq Policy.
(Washington Post, Page A01).
President Bush said the public's decision to reelect him was a
ratification of his approach toward Iraq and that there was no
reason to hold any administration officials accountable for
mistakes or misjudgments in prewar planning or managing the
violent aftermath.
We had an accountability moment, and that's called the
2004 elections, Bush said in an interview with
The Washington Post. The American people listened to
different assessments made about what was taking place in Iraq,
and they looked at the two candidates, and chose me.
Claus Michael Ringel
Last modified: Mon Jan 17 07:43:12 CET 2005