Zwanzig-Eins

(Wie Mathematiker sich in der Öffentlichkeit lächerlich machen...)

Mathematiker fordert Reform der Zahlenaussprache

(Montag 12. Januar 2004)

Bochum (AP). Eine Reform der Aussprache von Zahlen im Deutschen hat der Bochumer Mathematikprofessor Lothar Gerritzen gefordert. Deutsche Schülerinnen und Schüler, aber auch deutsch lernende Ausländer seien benachteiligt, weil sie "einundzwanzig" sagen müssten statt "zwanzigeins", wie es im Englischen und im Französischen und den meisten anderen modernen Sprachen der Fall sei, erklärte der an der Ruhr-Universität lehrende Gerritzen am Montag.

Der Professor fordert eine Reform: "Unser Sprachgebrauch muss sich um die unverdrehte Variante erweitern: Es sollte möglich sein, zum Beispiel im Unterricht das englische 'twentyone' einfach in 'zwanzigeins' zu übersetzen." Aus zwei Gr¨nden sei dies erforderlich. Zum einen aus didaktischer Sicht: "Es ist nicht auszuschließen, dass deutsche Schüler einen Nachteil im internationalen Vergleich haben", meinte Gerritzen mit Blick auf die Pisa-Studie. Zum anderen aus wirtschaftlicher Sicht: "In der Kommunikation besteht die Gefahr von Verwechselungen und Fehlern, zum Beispiel, wenn mir jemand Zahlen am Telefon durchgibt. Es ist nicht leicht, den wirtschaftlichen Schaden zu beziffern, der daraus entsteht - aber das könnte man empirisch untersuchen."

(Prof. Dr. Lothar Gerritzen, Fakultät f¨r Mathematik der RUB, NA 2/33, Tel. 0234/32-28304, E-Mail: Lothar.Gerritzen@rub.de)

Leserbrief in der NW, 16.0104

Prof. Gerritzen hält es also für eine Benachteiligung der deutschen Sch¨ler, dass sie die Zahl 21 als "einzundzwanzig" aussprechen m¨ssen und nicht in der eigentlichen Stellenfolge "twentyone", wie die Briten oder "vingt et un" wie die Franzosen: Dieser Sonderfall ist zwar vorhanden, aber dafür sehr verlässlich, regelmäßig und leicht zu merken.

Schade eigentlich, dass Prof. Gerritzen offenbar außer der "21" keine andere französische Zahl kennt. Denn dann wäre ihm bekannt, dass gerade die Franzosen sich einige außerordentlich verspielte Eigenheiten beim Aufbau ihrer Zahlenaussprache leisten. Nach der 69 geht es richtig rund: die 70 ist eine "soixante-dix (sechzig-zehn), gefolgt von der "sechzig-elf" usw. bis zur 79, bevor es von 80 bis 99 nochmals etwas Neues gibt: die 80 ist die "vier (mal) zwanzig" (quatre-vingts); auf die dann 1 bis 19 gezählt werden, also für die Zahl 99 "quatre-vingt-dix-neuf" (vier-zwanzig-neunzehn bzw. zehn-neun).

Merkwürdig nur, dass die französischen Schüler beim Pisatest in Mathe auf Platz 10 lagen, während es die deutschen Schüler nur zu Platz 20 reichte. Wer Matheprobleme von deutschen Schülern auf die "Ein-und-zwanzig" schiebt, lenkt ganz offensichtlich davon ab, dass das Problem eher an anderer Stelle liegt. Und wer nicht die didaktischen Fähigkeiten besitzt, die Beziehungen zwischen gesprochnener Sprache und den dazugehörigen Zahlen herzustellen - bzw. das eine sauber vom anderen zu trennen -, sollte keine Schüler unterrichten - und erst recht keine Lehrer ausbilden!

Andrea Voigt, 33613 Bielefeld.


Claus Michael Ringel
Last modified: Sun Jan 18 17:09:28 CET 2004