Macht Rechnen Spaß?
Journalisten und Politiker
Die Reaktion einiger Journalisten auf die forsa-Studie ist bemerkenswert! Das Hamburger Abendblatt beginnt seinen Artikel Mathematik ist das Lieblingsfach der Deutschen mit: Kaum zu glauben: ..., die Bielefelder Neue Westfälische schreibt: Verkehrte Welt. Heutzutage mögen viele Schüler Mathematik, sueddeutsche.de wählt die Überschrift: Was sich hasst, das liebt sich.

Nun ja, laut der forsa-Studie sind es zwar nur 28 % der Bevölkerung, denen Rechnen keinen Spaß macht, aber offensichtlich sind darunter viele, die Journalisten werden oder in die Politik gehen, und damit leider Meinungsmacher und Trendsetter werden.

Eine kurze Geschichte der Verteufelung des Mathematik-Unterrichts in Deutschland
Am 6.12.2004 brachte der Spiegel die Titelgeschichte: Das "Horrorfach Mathematik". Ein typisches Zitat Beim Besuch fast jeder beliebigen Schule tritt die Misere offen zu Tage. Mathe ist für die Mehrheit der Schüler das am meisten mit Angst besetzte Fach, kein anderes ist ihnen so verhasst.... Belege? Im Spiegel gab es dazu keinerlei Datenmaterial, zitiert wurde natürlich Heymanns Diktum: Für viele Schüler ist Mathematik das Fach unverstandenen Lernens schlechthin. Aber auch Heymann argumentierte ja nur auf Stammtischniveau, ohne jeden Versuch, seine Aussagen empirisch zu untermauern. Es wäre ihm auch schwer gefallen, denn auch damals gab es schon empirische Untersuchungen, die das Gegenteil belegten.
Die Googlesuche am 5.12.2004 (also am Tag vor dem Erscheinen des Spiegelhefts) zu Horrorfach Mathematik lieferte 121 Belegstellen, zu Horrorfach Sport 113, zu Horrorfach Deutsch jedoch 325. Nachdem der Spiegel dann erschienen war, änderte sich das schlagartig: am 19.12.2004 hatte sich zwar auch die Zahl für Deutsch leicht auf 421 erhöht, die für Mathematik war aber auf 1660 gesprungen. So wird Politik gemacht. Die entsprechende Datensammlung ist sehr aufschlussreich; glücklicherweise ebbt die Wirkung eines Spiegelartikels aber doch recht schnell ab.

Im Jahr 2004 erschien auch das Buch Die Bildungslüge von Werner Fuld mit Behauptungen wie etwa Mathematische Bildung trägt in keiner Weise zur Bildung des logischen Denkvermögens bei. (Weitere erbauliche Zitate aus diesem Buch, aber auch eines aus dem Buch Bildung. Alles, was man wissen muss von Dieter Schwanitz finden Sie hier).

Zusatz:
China, Japan - und Indien
Viele Chinesen und Japaner sind unglücklich darüber, dass im Zuge der starken Amerikanisierung die Qualität des Mathematik-Unterrichts leidet: so ist Japan im Pisa-Ranking innerhalb von 6 Jahren von Platz 1 auf Platz 10 gefallen. In Japan gibt es nun den neuen Trend, Kinder auf indische Schulen, die es zum Beispiel in Tokyo gibt, zu schicken. Schon Schulanfänger lernen dort das große Einmaleins, zeichen geometrische Figuren mit der Maus; Zwölfjährige schreiben ihre ersten eigenen Computer-Programme. Seit die Kinder die Multiplikationstabellen auswendig lernen und diverse Kopfrechenarten lösen müssen, seien ihre Leistungen auch in Englisch und Japanisch deutlich besser geworden. Auch die in Japan traditionell wichtigen Nachhilfe-Institute ziehen nach und versuchen, indische Methoden einzusetzen. Ein solches Institut wirbt damit: Diese indischen Lernmethoden machen die Hirne unserer Schüler flexibler (Quelle).

Ist es wie beim Sport? Ohne schweißtreibendes Training kein Erfolg, und auch kein Spaß am Erfolg.

 
  Redaktion: CMR.