2. Trennung und Zusammenhang, Kompaktheit

Die Trennungsaxiome

Sei X ein topologischer Raum.
T0 Zu je zwei Punkten x, y ∈ X gibt es eine offene Menge U, die einen der beiden, aber nicht beide Punkte enthält.
Es ist also: "x ∈ U und y ∉ U" oder aber: "y ∈ U und x ∉ U".
 
T1 Ist x ein Punkt in X, so ist {x} abgeschlossen. (Punkte sind abgeschlossen.)
Äquivalent:  Zu je zwei Punkten x, y ∈ X gibt es eine offene Menge U, die x, aber nicht y enthält.
 
T2 Zu je zwei Punkten x, x' ∈ X gibt es disjunkte offene Mengen U, U' mit x ∈ U und x' ∈ U'. Hausdorff'sch
T2,5 Zu je zwei Punkten x, x' ∈ X gibt es offene Mengen U, U' mit x ∈ U und x' ∈ U', so dass die Abschlüsse von U und U' disjunkt sind.  
T3 Ist A eine abgeschlossene Teilmenge von X und x ein Punkt von X, der nicht in A liegt, so gibt es disjunkte offene Mengen U, U' mit:  A ⊆ U und x ∈ U'.  
T4 Sind A, A' disjunkte abgeschlossene Teilmengen von X, so gibt es disjunkte offene Mengen U, U' mit A enthalten in U und A' enthalten in U'.
Äquivalent:  Ist A enthalten in U, wobei A abgeschlossen und U offen ist, so gibt es A' abgeschlossen und U' offen mit A ⊆ U und A' ⊆ U'.
 
T5 Sind Y, Y' Teilmengen von X, so dass der Durchschnitt von Y mit dem Abschluss von Y' leer ist und auch der Durchschnitt von Y' mit dem Abschluss von Y leer ist, so gibt es disjunkte offene Mengen U, U' mit Y ⊆ U und Y' ⊆ U'.  

Triviale Implikationen

Beispiel-Klassen. Man nennt einen topologischen Raum normal, falls er die Eigenschaften T1 und T4 hat. Ein normaler Raum ist offensichtlich Hausdorff'sch (also kann man auch definieren:  normal = T2 + T4).


Zusammenhang

Sei X ein topologischer Raum. Die folgenden Aussagen sind äquivalent: Wenn diese Eigenschaften erfüllt sind, so nennt man X zusammenhängend.

Man nennt X total unzusammenhängend, wenn es zu je zwei verschiedenen Punkten x, y eine offene und abgeschlossene Teilmenge X' gibt, die x, aber nicht y enthält.

Beispiel für einen total unzusammenhängenden Raum


Kompaktheit

Man nennt einen Raum kompakt, wenn jede offene Überdeckung eine endliche Teilüberdeckung besitzt.

Dabei ist eine Überdeckung von X eine Familie (Yi)i ∈ S, wobei Yi Teilmengen von X sind, so dass X die Vereinigung dieser Teilmengen ist. Die Überdeckung (Yi)i heißt offen, falls alle Yi offen sind; sie heißt endlich, wenn die Indexmenge S endlich ist. Eine Teilüberdeckung ist von der Form (Yi)i ∈ S', wobei S' ⊆ S ist.
Ist Y eine Teilmenge des topologischen Raums X, so heißt Y kompakter Teilraum, falls Y mit der Relativtopologie kompakt ist. Statt relativ-offene Teilmengen von Y kann man auch offene Teilmengen von X betrachten (und arbeitet dann mit einer Familie offener Mengen (Yi)i von X, so dass Y in der Vereinigung dieser Yi enthalten ist...)

Satz 2.
1.   Abgeschlossene Teilmengen eines kompakten Raums sind kompakt.
2.   Kompakte Teilmengen eines Hausdorffraums sind abgeschlossen.
3.   Bilder kompakter Teilmengen unter stetigen Abbildungen sind kompakt.
4.   Ist f: X → Y eine stetige Abbildung mit X kompakt, Y Hausdorffsch, so gilt:  Ist A abgeschlossen in X, so ist f(A) abgeschlossen in Y.
5.   Ist f: X → Y stetige bijektive Abbildung mit X kompakt, Y Hausdorffsch, so ist f ein Homöomorphismus.

Lebesgue-Zahl einer Überdeckung eines kompakten metrischen Raums

Satz. Sei X ein kompakter metrischer Raum und U eine offene Überdeckung von X. Dann gibt es eine reelle Zahl δ > 0 mit folgender Eigenschaft: für jedes x ∈ X liegt die δ-Umgebung von x ganz in einer der Mengen in U.

Man nennt ein solches δ eine Lebesgue-Zahl der Überdeckung.


T4-Räume

Satz 3. Sei X ein T4-Raum
  • (Urysohn) Sind A, A' disjunkte abgeschlossene Teilmengen von X, so gibt es eine stetige Funktion f: X → I mit f(A) = 0, f(A') = 1.
  • (Tietze) Ist A eine abgeschlossene Teilmenge von X und g: A → I eine stetige Abbildung, so gibt es eine stetige Abbildung g': X → I, deren Einschränkung auf A gerade g ist.
    (Tietze') Ist A eine abgeschlossene Teilmenge von X und g: A → R eine stetige Abbildung, so gibt es eine stetige Abbildung g': X → R, deren Einschränkung auf A gerade g ist.

Bemerkung 1. Es gilt trivialerweise die Umkehrung von (Urysohn):  Gibt es eine stetige Funktion f: X → I mit f(A) = 0, f(A') = 1, so gibt es disjunkte offene Mengen U, U' mit A ⊆ U und A' ⊆ U': zum Beispiel sei U das Urbild unter f von [0,1/2[ und U' das Urbild von ]1/2,1].

Bemerkung 2. (Tietze) impliziert (Urysohn): Die Vereinigung von A und A' ist abgeschlossen. Durch f(A) = 0 und f(A') = 1 wird auf dieser Vereinigung eine stetige Funktion mit Werten in I definiert. (Tietze) liefert eine stetige Fortsetzung!