T0 | Zu je zwei Punkten x, y ∈ X gibt es eine offene Menge U, die
einen der beiden, aber nicht beide Punkte enthält.
Es ist also: "x ∈ U und y ∉ U" oder aber: "y ∈ U und x ∉ U". | |
T1 | Ist x ein Punkt in X, so ist {x} abgeschlossen. (Punkte sind
abgeschlossen.)
Äquivalent: Zu je zwei Punkten x, y ∈ X gibt es eine offene Menge U, die x, aber nicht y enthält. | |
T2 | Zu je zwei Punkten x, x' ∈ X gibt es disjunkte offene Mengen U, U' mit x ∈ U und x' ∈ U'. | Hausdorff'sch |
T2,5 | Zu je zwei Punkten x, x' ∈ X gibt es offene Mengen U, U' mit x ∈ U und x' ∈ U', so dass die Abschlüsse von U und U' disjunkt sind. | |
T3 | Ist A eine abgeschlossene Teilmenge von X und x ein Punkt von X, der nicht in A liegt, so gibt es disjunkte offene Mengen U, U' mit: A ⊆ U und x ∈ U'. | |
T4 | Sind A, A' disjunkte abgeschlossene Teilmengen von X, so gibt es disjunkte
offene Mengen U, U' mit A enthalten in U und A' enthalten in U'.
Äquivalent: Ist A enthalten in U, wobei A abgeschlossen und U offen ist, so gibt es A' abgeschlossen und U' offen mit A ⊆ U und A' ⊆ U'. | |
T5 | Sind Y, Y' Teilmengen von X, so dass der Durchschnitt von Y mit dem Abschluss von Y' leer ist und auch der Durchschnitt von Y' mit dem Abschluss von Y leer ist, so gibt es disjunkte offene Mengen U, U' mit Y ⊆ U und Y' ⊆ U'. |
Triviale Implikationen
Beispiel-Klassen. Man nennt einen topologischen Raum normal, falls er die Eigenschaften T1 und T4 hat. Ein normaler Raum ist offensichtlich Hausdorff'sch (also kann man auch definieren: normal = T2 + T4).
Ein metrischer Raum ist
nicht nur T4, sondern sogar T5.
Wie zeigt man das?
Ist y ∈ Y, so sei ε(y) der Abstand
von y zum Abschluss von Y', für y' ∈ Y' sei entsprechend
ε(y') der Abstand
von y' zum Abschluss von Y; diese Abstände sind jeweils
positiv. Sei nun U die Vereinigung von Uε(y)/2(y)
mit y ∈ Y und U' die Vereinigung von Uε(y')/2(y')
mit y' ∈ Y' ...
Man nennt X total unzusammenhängend, wenn es zu je zwei verschiedenen Punkten x, y eine offene und abgeschlossene Teilmenge X' gibt, die x, aber nicht y enthält.
Beispiel für einen total unzusammenhängenden Raum
Wir bilden den Durchschnitt C der Mengen Ct, dabei entsteht Ct aus dem Einheitsintervall auf folgende Weise: Teile [0,1] in 3t gleichlange Intervalle, und entferne gewisse offene Intervalle Ui = ]i/3t,(i+1)/3t[, und zwar wird Ui entfernt, falls in der triadischen Entwicklung von i eine 1 vorkommt.
Wichtige Eigenschaften:
Dabei ist eine Überdeckung von X eine Familie
(Yi)i ∈ S, wobei Yi Teilmengen von X sind, so dass
X die Vereinigung dieser Teilmengen ist.
Die Überdeckung (Yi)i heißt
offen, falls alle Yi offen sind; sie heißt
endlich, wenn die Indexmenge S endlich ist.
Eine Teilüberdeckung
ist von der Form (Yi)i ∈ S', wobei S' ⊆ S ist.
Ist Y eine Teilmenge des topologischen Raums X, so heißt Y
kompakter Teilraum, falls Y mit der Relativtopologie
kompakt ist. Statt relativ-offene Teilmengen von Y kann man auch offene Teilmengen von X betrachten (und arbeitet dann mit einer Familie offener
Mengen (Yi)i von X, so dass Y in der Vereinigung dieser Yi
enthalten ist...)
Satz 2. | |||||||||
1. |
Abgeschlossene Teilmengen eines kompakten Raums sind kompakt.
2. |
Kompakte Teilmengen eines Hausdorffraums sind abgeschlossen.
| 3. |
Bilder kompakter Teilmengen unter stetigen Abbildungen sind kompakt.
| 4. |
Ist f: X → Y eine stetige Abbildung mit X kompakt, Y Hausdorffsch, so
gilt: Ist A abgeschlossen in X, so ist f(A) abgeschlossen in Y.
| 5.
|
Ist f: X → Y stetige bijektive Abbildung mit X kompakt, Y
Hausdorffsch, so ist f ein Homöomorphismus.
| |
Der Beweis von (1) ist einfach! Sei X kompakt. Sei A abgeschlossen in X. Nimm eine offene Überdeckung von A durch offene Teilmengen des Gesamtraums und zusätzlich das Komplement von A...
Der Beweis von (2) ist wichtig: Sei X ein Hausdorff-Raum. Nimm eine kompakte Teilmenge Y von X. Sei z ∈ X, das nicht in Y liegt. Zu konstruieren ist eine offene Menge U, so dass z ∈ U und U im Komplement von Y enthalten ist. Zu jedem y ∈ Y wähle Uy, Vy offene disjunkte Mengen mit z ∈ Uy und y ∈ Vy. Die Mengen (Vy)y ∈ Y bilden eine offene Überdeckung von Y, also gibt es eine endliche Teilüberdeckung, etwa (Vy)y ∈ Y'. Sei nun U der Durchschnitt der Mengen Uy mit y ∈ Y'. Dies ist ein endlicher Durchschnitt offener Mengen, also offen. Es ist z ∈ Uy für jedes y, also z ∈ U. Und U liegt im Komplement von Y, denn liegt x in Y, so liegt y in einem Vy mit y ∈ Y', also gerade nicht in dem entsprechenden Uy (die U's und V's mit gleichem Index sind disjunkt) und demnach nicht in U.
Beweis von (3) ist ziemlich trivial. Sei f: X → Y stetig. Nimm eine offene Überdeckung (Ui)i von f(X), nimm die Urbilder f-1(Ui), wir erhalten eine offene Überdeckung von X...
(4) folgt unmittelbar aus (1), (2), (3). Ist A abgeschlossen in X, so ist A nach (1) kompakt, also f(A) kompakt nach (3), also abgeschlossen nach (2).
(5) folgt unmittelbar aus (4).
Satz. Sei X ein kompakter metrischer Raum und U eine offene Überdeckung von X. Dann gibt es eine reelle Zahl δ > 0 mit folgender Eigenschaft: für jedes x ∈ X liegt die δ-Umgebung von x ganz in einer der Mengen in U. |
Man nennt ein solches δ eine Lebesgue-Zahl der Überdeckung.
Für jedes i sei fi die Abstandsfunktion zum Komplement von Ui. Es gilt:
Eine stetige reellwertige Funktion auf einem kompakten Raum nimmt ihr Infimum an, denn f(X) ist kompakte Teilmenge von R, also beschränkt und abgeschlossen. Es gibt also x0 ∈ X mit f(x0) ≤ f(x) für alle x ∈ X.
Setze δ = f(x0). Dann gilt: Ist x ∈ X, so ist δ ≤ f(x) = max fi(x). Es gibt ein j mit f(x) = fj(x). Also ist δ ≤ fj(x). Demnach ist die δ-Umgebung Uδ(x) von x ganz in Uj enthalten.
Satz 3. Sei X ein T4-Raum
|
Bemerkung 1. Es gilt trivialerweise die Umkehrung von (Urysohn): Gibt es eine stetige Funktion f: X → I mit f(A) = 0, f(A') = 1, so gibt es disjunkte offene Mengen U, U' mit A ⊆ U und A' ⊆ U': zum Beispiel sei U das Urbild unter f von [0,1/2[ und U' das Urbild von ]1/2,1].
Bemerkung 2. (Tietze) impliziert (Urysohn): Die Vereinigung von A und A' ist abgeschlossen. Durch f(A) = 0 und f(A') = 1 wird auf dieser Vereinigung eine stetige Funktion mit Werten in I definiert. (Tietze) liefert eine stetige Fortsetzung!
Eine andere Visualisierung, und zwar des ersten und des zweiten Schritts:
Zusätzlich setzen wir U(a) = {}, falls a ≤ 0, und U(a) = X, falls 1 < a.
Dann ist U(a) für alle dyadischen Zahlen definiert.
(Setzen wir A(a) = {}, falls a < 0, und A(a) = X, falls 1 ≤ a, so haben wir
U(a) und A(a) für alle dyadischen Zahlen definiert, und es gilt ganz
allgemein: U(a) ist jeweils in A(a) enthalten, und ist a < b, so ist
A(a) in U(b) enthalten.)
Sei nun x ∈ X. Sei f(x) das Infimum der dyadischen Zahlen a mit x ∈ U(a). (Es gibt solche Zahlen a, zum Beispiel a = 2, und die Menge dieser Zahlen ist nach unten beschränkt, zum Beispiel durch a = -2.)
Offensichtlich gilt: 0 ≤ f(x) ≤ 1, für alle x.
Zu zeigen bleibt die Stetigkeit von f. Es gilt
Beweis von 1: Ist x ∈ A(b), so ist x ∈ U(c) für jedes b < c,
also ist jede untere Schranke der c mit x ∈ U(c) kleiner oder gleich b,
also f(x) ≤ b.
Beweis von 2: Ist x ∉ U(b) und ist x ∈ U(a), so ist b < a.
(Denn wäre a ≤ b, so wäre U(a) ⊆ U(b), also
x ∈ U(b), Widerspruch.) Also ist b eine untere Schranke aller a mit
x ∈ U(a) und demnach b ≤ f(x).
Nun also der Stetigkeitsbeweis: Wir betrachten ein x ∈ X und ein
ε > 0. Wir zeigen: es gibt eine offene Menge U in X, die x enthält
und deren Bild ganz in Uε(f(x)) liegt. Wähle
dyadische Zahlen a, b mit
f(x)-ε < a < f(x) < b < f(x)+ε,
und nimm U = U(b)-A(a). (Also: U ist der Durchschnitt von U(b) mit dem
Komplement von A(a).)
Wir brauchen vor allem die offenen Mengen U(a); statt A(a) hätten wir jeweils (außer für a = 0) auch den Abschluss von U(a) nehmen können!)
Um (Tietze) zu beweisen, zeigen wir zuerst folgendes Lemma:
Lemma. Sei X ein T4-Raum, A eine abgeschlossene Teilmenge, sei r>0 reelle Zahl. Dann gilt: Zu jeder stetigen Abbildung g: A → [-r,r] gibt es eine stetige Abbildung G: X → [-r/3,r/3], so dass für alle x ∈ A gilt: |g(x)-G(x)| ≤ 2r/3.
Wir nennen G eine "Drittelapproximation von g".
Beweis von (Tietze). Sei also ein stetiges g: X → [-1,1] gegeben. Wähle eine Drittelapproximation G1 zu g, dies ist also eine Abbildung G1: A → [-1/3,1/3], mit |g(x)-G1(x)| ≤ 2/3.
Als nächstes wählen wir eine Drittelapproximation zu
g-G1: A → [-2/3,2/3] usw. ...
Induktionsschritt:
Seien schon stetige Abbildungen Gi: A →
[-2i-1/3i,2i-1/3i] konstruiert
für 1 ≤ i ≤ n
mit |g(x)-G1(x)-....-Gn| ≤ (2/3)n.
Wir wählen eine Drittelapproximation Gn+1 zu
g-G1-...-Gn: A → [-(2/3)n+1,(2/3)n+1]. Dieses Gn+1 ist
eine stetige Abbildung Gn+1: X →
[-2n/3n+1,2n/3n+1],
und es gilt
|g(x)-G1(x)-....-Gn+1| ≤ (2/3)n+1.
Es bleibt zu zeigen, dass die Reihe g' = G1+...+Gn+... punktweise konvergiert, eine stetige Abbildung g': X → [-1,1] liefert und dass die Einschränkung von g' auf A mit g übereinstimmt. (Alles wie in der Analysis: wir verwenden das Weierstrass'sche Kriterium für "gleichmäßige Konvergenz").
Die zweite Fassung des Tietze'schen Fortsetzungssatzes folgt aus der ersten:
Sei also A abgeschlossene Teilmenge des T4-Raums X und
g: A → R eine stetige Abbildung. Bekanntlich ist R
topologisch äquivalent zum offenen Intervall ]0,1[; sei
h: R → ]0,1[ ein Homöomorphismus.
(Zum Beispiel kann man h(x) = 1/π arctan(x) + 1/2 nehmen!)
Jetzt betrachte hg: A → ]0,1[. Wie wir schon wissen, besitzt hg
eine stetige Fortsetzung auf X. Um allerdings den schon bewiesenen
Tietze'schen Satz zu verwenden, müssen wir hg als Abbildung
A → [0,1] auffassen (denn der Zielraum muss das Einheitsintervall
oder ein dazu topologisch äquivalenter Raum sein).
Die Fortsetzung ist also eine stetige Abbildung s: X → [0,1]
(mit s|A = hg). Sollte das Bild dieser Abbildung in ]0,1[ enthalten sein,
so können wir die Umkehrabbildung h-1 anwenden, aber im
Allgemeinen wird das nicht der Fall sein.
Trick: Wir verwenden noch einmal das Urysohn-Lemma, und zwar für
A und B= s-1({0,1}). Beachte, dass B abgeschlossen in X ist und
disjunkt zu A. Also gibt es ein stetiges f: X → [0,1] mit f(A) = 1 und
f(B) = 0. Man sieht sofort: Multiplizieren wir s mit f, so erhalten wir
eine stetige Abbildung sf: X → [0,1], deren Bild ganz in ]0,1[
enthalten ist, und sf ist ebenfalls eine Fortsetzung von hg, also
sf|A = hg.
Die Hintereinanderschaltung von sf: X → [0,1] und h-1: ]0,1[
→ R ist die gewünschte Fortsetzung von g.