Jede Woche (meist zum Wochenende hin) sollen an dieser Stelle einige Highlights des kommenden Bundeskongresses und Informationen über Bielefeld und Umgebung vorgestellt werden - soweit möglich thematisch gebündelt.

1. Lukas Forscherland - Die Lichtwerkstatt
2. Ganz Ostwestfalen im Roboter-Fieber
3. Jüdische Mathematiker in der deutschsprachigen akademischen Kultur
 
4. Bioinformatik - eine Schlüsselwissenschaft des 21.Jahrhunderts
In den letzten Jahren hat sich die Bioinformatik als eigenständige Disziplin aus der Verbindung von Informatik und Biologie (aber auch Medizin und Pharmakologie) entwickelt. Von besonderer Bedeutung ist hier die Genomforschung: Spektakuläre Fortschritte haben die Biowissenschaft in das allgemeine Bewusstsein gerückt, insbesondere die Tatsache, dass das Erbgut des Menschen weitgehend entschlüsselt ist. Die Fülle an Informationen, die schon jetzt in diversen Datenbanken gespeichert sind, kann nur mit Hilfe leistungsfähiger Computer ausgewertet werden und verlangt nach informationstheoretischen Methoden. Man geht davon aus, dass die potentiellen Einsatzmöglichkeiten der Informatik in den Biowissenschaften weit über ihre derzeitigen Anwendungen hinausgehen.

An der Bielefelder Universität gibt es das CeBiTec (Center for Biotechnology), das 1998 gegründet wurde, und von Professor Dr. Alfred Pühler geleitet wird. Hier der Themenkatalog: Biotechnologie, molekulare Biologie, Genom-Forschung, Systembiologie, Biochemie, Nano- und Biophysik und eben Bio-Informatik.

DNA-Sequenz-Analyse
Jens Stoye, Sprecher des Instituts für Bioinformatik am CeBiTec wird im Rahmen des MNU-Kongresses einige Methoden der Bioinformatik vorstellen (Vortrag F 30.03). Dabei geht es um die Frage, wie man mit Hilfe elementarer Genom-Umordnungen (Rearrangements) eine Art Evolutions-Distanz definieren kann. Man fragt sich, wieviele derartige Umordnungen theoretisch notwendig sind, um eine DNA-Sequenz in eine zweite zu überführen. Schon früh wurden Umordnungen wie zum Beispiel das Invertieren einzelner Genomabschnitte betrachtet, wie das folgende Beispiel aus einer Arbeit von Dobzhansky und Sturtevant aus dem Jahr 1938 (Inversions in the chromosomes of Drosophilia Pseudoobscura, Genetics 23) zeigt:
 

Vorgestellt wird im Vortrag ein graphentheoretischer Zugang, bei dem Chromosome als lineare oder zirkulare Graphen aufgefasst werden. Eine ganz allgemeine "Double-Cut-and-Join-Operation" dient dazu, alle klassischen Umordnungs-Operationen in einheitlicher Weise zu behandeln. Dies erlaubt die Rekonstruktion phylogenetischer Bäume.

So kann man zeigen, wie man das Genom des Menschen aus dem der Maus in 246 Schritten erhält:

Das Genom der Maus Das Genom des Menschen
Alle Zwischenschritte
(Jens Stoye, with the help of Ferdinand (9), Leopold (6), Balduin (5), and 281 post-it notes)
Video

Weitere Informationen über die Forschungsthemen der Bielefelder Arbeitsgruppe Genom-Informatik bietet das folgende Poster.

 
MacClade
Im Vortrag BW 29.01 von Sven Gemballa (Universität Tübingen) wird die Frage nach dem nächsten Verwandten des Menschen diskutiert. Derartige Verwandtschaftsanalysen basieren auf der Kenntnis von DNA-Sequenzen. Versucht wird dabei eine Rekonstruktion von Merkmalsveränderungen im Laufe der Evolution. Notwendig sind dafür Computerprogamme, wie zum Beispiel MacClade (oder Mesquite).
 
Weiteres
Es sollte betont werden, dass auf Fragen der Bioinformatik und der Gentechnologie auch in weiteren Vorträgen und Workshops verwiesen wird:

Im Vortrag B 30.04 und im Workshop BW 30.03 von Wolfgang Nellen (Leiter des Instituts für Genetik am Center for Interdisciplinary Science and Technology der Universität Kassel) werden Fragen der Genetik und Gentechnologie thematisiert.
Übrigens: Für den Artikel Der stumme Regisseur wurden Ester Steinmeier (Bielefeld, Westfalenblatt) und Wolfgang Nellen (Universität Kassel) mit dem zweiten Preis des Wettbewerbs Hauptsache Biologie ausgezeichnet. Sie geben in dem Artikel einen Einblick in das Gebiet der Epigenetik, der erblichen Information, die der DNA Sequenz des Genoms überlagert ist. Der Promega-Preis würdigt Zusammenarbeiten zwischen Journalisten und Wissenschaftlern, die zum Verständnis der Biowissenschaften in der Öffentlichkeit beitragen.

In den Workshops BW 30.01 und BW 31.02 werden Annette Bökehof-Reckelkamm und Gisela Telgmann das Science-Life-Lemgo vorstellen, ein Biotech-Labor für Schülerinnen und Schüler, das auch verschiedene Versuche zur Genetik bereitstellt.

Schließlich sei daraufhingewiesen, dass auch der Workshops BW 31.01 von Walter Arnold: Der Lambda-Phage auf der Spur ein Beitrag des CeBiTec's ist.

 
  Redaktion: CMR. Bildnachweis: Uni Bielefeld (4), MacClade (2), Genetics (2).