$\newcommand {\N }{\mathbb {N}}$$\newcommand {\Z }{\mathbb {Z}}$$\newcommand {\Q }{\mathbb {Q}}$$\newcommand {\R }{\mathbb {R}}$$\newcommand {\E }{\mathbb {E}}$$\newcommand {\id }{\operatorname {id}}$$\newcommand {\Isom }{\operatorname {Isom}}$$\newcommand {\defeq }{\mathrel {\mathop {:}}=}$$\newcommand {\eqdef }{=\mathrel {\mathop {:}}}$$\newcommand {\abs }[1]{\lvert #1 \rvert }$$\newcommand {\floor }[1]{\left \lfloor #1 \right \rfloor }$$\newcommand {\ceil }[1]{\left \lceil #1 \right \rceil }$$\newcommand {\seg }[1]{\overline {#1}}$$\newcommand {\strahl }[1]{\overrightarrow {#1}}$$\newcommand {\ang }{\sphericalangle }$$\newcommand {\gang }{\angle }$$\newcommand {\paritaet }{\operatorname {par}}$$\newcommand {\drehw }{\operatorname {ang}}$$\newcommand {\vektor }[1]{\underline {#1}}$$\renewcommand {\vec }{\operatorname {vec}}$$\newcommand {\protect }[1]{}$

5.1 Kreise am Dreieck

Proposition 5.1. Durch drei nicht kollineare Punkte $P$, $Q$ und $R$ geht genau ein Kreis.

Beweis. Nach Folgerung 1.11 ist die Menge der Punkte $L$, die gleichen Abstand von $P$ und $Q$ haben die Mittelsenkrechte $\ell $. Ebenso ist die die Menge der Punkte $N$, die gleichen Abstand von $Q$ und $R$ haben die Mittelsenkrechte $n$. Die Menge der Punkte, die gleichen Abstand von $P$, $Q$ und $R$ haben, ist also der Schnittpunkt von $\ell $ und $n$. Er existiert weil $PQ$ und $QR$ nicht parallel sind und somit auch $\ell $ und $n$ nicht parallel sind. □

Diese Proposition ist in der folgenden Form vertraut. Ein Umkreis eines Dreiecks $PQR$ ist ein Kreis, der jeden der Punkte $P$, $Q$ und $R$ enthält.

Folgerung 5.2. Jedes Dreieck hat einen (eindeutigen) Umkreis. Sein Mittelpunkt ist der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten.

Beweis. Der Kreis in Proposition 5.1 ist offensichtlich der Umkreis. Der Mittelpunkt wurde konstruiert als der Schnittpunkt zweier beliebiger Mittelsenkrechter. Da der Kreis eindeutig ist, geht die dritte Mittelsenkrechte ebenso durch den Punkt. □

Der Umkreis ist der kleinste Kreis, in den das Dreieck einbeschrieben werden kann. Das Gegenstück ist der größte Kreis, der in das Dreieck einbeschrieben werden kann: ein Inkreis eines Dreiecks $PQR$ ist ein Kreis, der jede Seite in genau einem Punkt trifft.

Um ihn zu beschreiben brauchen wir zunächst das Gegenstück zu Folgerung 1.11. Wenn $P$ ein Punkt ist und $g$ eine Gerade, meinen wir mit dem Abstand zwischen $P$ und $g$ den kleinsten Abstand zwischen $P$ und einem Punkt $Q$ auf $g$. Dieser Punkt $Q$ ist eindeutig, nämlich der Fußpunkt des Lots von $P$ auf $g$ (das folgt aus dem Satz des Pythagoras). Insbesondere ist $P_Q$ der eindeutige Kreis, der die Gerade $g$ nur in einem Punkt trifft.

Proposition 5.3. Sei $\gang PQR$ ein Winkel und $\ell $ die Winkelhalbierende. Ein Punkt $N$ liegt auf $\ell $ genau dann, wenn er gleichen Abstand zu $PQ$ wie zu $QR$ hat.

Beweis. Sei $\sigma $ die Spiegelung an $\ell $. Sie vertauscht die Strahlen $\strahl {QP}$ und $\strahl {QR}$. Wenn $N$ auf $\ell $ liegt, ist $\sigma (N) = N$ also vertauscht $\sigma $ die Lotfußpunkte von $N$ auf $QP$ und auf $QR$. Damit hat $N$ den gleichen Abstand zu $QP$ und $QR$.

Umgekehrt, angenommen $N$ hat gleichen Abstand zu $QP$ wie zu $QR$. Seien $P'$ und $R'$ die entsprechenden Lotfußpunkte. Dann sind $P'NQ$ und $R'NQ$ rechtwinklige Dreiecke mit zwei gleich langen Seiten. Aus dem Satz des Pythagoras folgt, dass auch die dritten Seiten gleich lang sein müssen: $\abs {P'Q} = \abs {R'Q}$. Der Punkt $N$ hat also gleichen Abstand von zwei Punkten auf $QP$ und $QR$ die gleichen Abstand von $Q$ haben. Damit liegt $N$ auf $\ell $. □

Proposition 5.4. Ein Dreieck $PQR$ hat einen eindeutigen Inkreis. Sein Mittelpunkt ist der Schnittpunkt der Winkelhalbierenden.

Beweis. Sei $\ell $ die Winkelhalbierende von $\gang PQR$ und $m$ die Winkelhalbierende von $\gang RPQ$. Sei $M$ der Schnittpunkt von $\ell $ und $m$. Sei $A$ der Lotfußpunkt von $M$ auf $PQ$, $B$ der Lotfußpunkt auf $QR$ und $C$ der Lotfußpunkt auf $RP$. Nach Proposition 5.3 ist $M_A = M_B$ und trifft $PQ$ und $QR$ jeweils nur in einem Punkt. Nach derselben Proposition ist auch $M_B=M_C$ und trifft $RP$ nur in einem Punkt.

Da der gesamte Kreis $M_A = M_B = M_C$ im Halbraum von $PQ$ liegt, der $R$ enthält, liegt insbesondere $B$ auf dem Strahl $\strahl {QR}$. Aus ähnlichen Gründen liegt $B$ auf dem Strahl $\strahl {RQ}$ und damit in $\seg {QR}$. Analoge Argumente zeigen, dass $A \in \seg {PQ}$ und $C \in \seg {RP}$. □