$\newcommand {\N }{\mathbb {N}}$$\newcommand {\Z }{\mathbb {Z}}$$\newcommand {\Q }{\mathbb {Q}}$$\newcommand {\R }{\mathbb {R}}$$\newcommand {\E }{\mathbb {E}}$$\newcommand {\id }{\operatorname {id}}$$\newcommand {\Isom }{\operatorname {Isom}}$$\newcommand {\defeq }{\mathrel {\mathop {:}}=}$$\newcommand {\eqdef }{=\mathrel {\mathop {:}}}$$\newcommand {\abs }[1]{\lvert #1 \rvert }$$\newcommand {\floor }[1]{\left \lfloor #1 \right \rfloor }$$\newcommand {\ceil }[1]{\left \lceil #1 \right \rceil }$$\newcommand {\seg }[1]{\overline {#1}}$$\newcommand {\strahl }[1]{\overrightarrow {#1}}$$\newcommand {\ang }{\sphericalangle }$$\newcommand {\gang }{\angle }$$\newcommand {\paritaet }{\operatorname {par}}$$\newcommand {\drehw }{\operatorname {ang}}$$\newcommand {\vektor }[1]{\underline {#1}}$$\renewcommand {\vec }{\operatorname {vec}}$$\newcommand {\protect }[1]{}$

A Axiome

Wir betrachten eine Menge $\E ^2$, deren Elemente wir als Punkte bezeichnen. Je zwei Punkte $P,Q \in E$ haben einen Abstand $\abs {PQ} \ge 0$.

Axiom 1 (Metrik). Für Punkte $P,Q,R \in \E ^2$ gilt:

  1. $\abs {PQ} = 0$ genau dann, wenn $P = Q$,
  2. $\abs {PQ} = \abs {QP}$,
  3. $\abs {PQ} + \abs {QR} \ge \abs {PR}$ (Dreiecksungleichung).

Für Punkte $P,Q,R$ sagen wir, dass $Q$ zwischen $P$ und $R$ liegt, wenn $\abs {PR} = \abs {PQ} + \abs {QR}$. Das Segment $\seg {PQ}$ besteht aus Punkten, die zwischen $P$ und $Q$ liegen: \[ \seg {PQ} = \{R \in \E ^2 \mid \abs {PR} + \abs {RQ} = \abs {PQ}\}\text {.} \] Sei jetzt $P \ne Q$. Der Strahl ab $P$ durch $Q$ besteht aus dem Segment sowie Punkten zwischen denen und $P$ der Punkt $Q$ liegt: \[ \strahl {PQ} = \{R \in \E ^2 \mid \abs {PR} + \abs {RQ} = \abs {PQ}\ \text {oder}\ \abs {PQ} + \abs {QR} = \abs {PR}\}\text {.} \] Die Gerade durch $P$ und $Q$ besteht aus den Strahlen ab $P$ durch $Q$ und ab $Q$ durch $P$: \[ PQ = \left \{R \in \E ^2 \left | \begin {array}{l} \abs {PR} + \abs {RQ} = \abs {PQ}\ \text {oder}\\ \abs {PQ} + \abs {QR} = \abs {PR}\ \text {oder}\\ \abs {QP} + \abs {PR} = \abs {QR} \end {array} \right .\right \}\text {.} \] Wegen Axiom 1(1) liegen $P$ und $Q$ in $\seg {PQ}$, $\strahl {PQ}$, $PQ$. Drei Punkte heißen kollinear wenn sie auf einer gemeinsamen Geraden liegen.

Bemerkung A.1 (Für Experten). Wir waren bewusst vage bezüglich der Frage welche Werte der Abstand zweier Punkte annehmen kann. Man kann einwenden, dass auf diesem Wege die reellen Zahlen zum Teil der Axiome gemacht werden. Dies kann man dadurch umgehen, dass man folgende Tatsache nutzt: jede abelsche Gruppe mit einer archimedischen Ordnung ist, als geordnete Gruppe, isomorph zu einer Untergruppe von $\R $. Das heißt, man kann den Abstand definieren mit Werten in irgendeiner abelschen, archimedisch geordneten Gruppe.

Axiom 2 (Punkte und Geraden).

  1. Es gibt drei Punkte, die nicht auf einer Geraden liegen.

Für zwei verschiedene Punkte $P$ und $Q$ gilt:

  1. Es gibt nur eine einzige Gerade, die durch $P$ und $Q$ geht.
  2. Es gibt in $\seg {PQ}$ einen Punkt außer $P$ und $Q$.
  3. Es gibt auf dem Strahl $\strahl {PQ}$ einen Punkt außerhalb von $\seg {PQ}$.
  4. Wenn eine Gerade $g$ das Segment $\seg {PQ}$ trifft und $R$ ein weiterer Punkt ist, dann trifft $g$ auch $\seg {PR}$ oder $\seg {QR}$.

Seien $M,Q,R$ Punkte. Der Kreis mit Mittelpunkt $M$ und Radius $\abs {QR}$ ist die Menge \[ M_{QR} = \{P \in \E ^2 \mid \abs {MP} = \abs {QR}\}\text {.} \] Wenn $M = R$ ist dies der Kreis mit Mittelpunkt $M$ durch $Q$ und wird mit $M_Q$ bezeichnet.

Axiom 3 (Kreis-Schnittpunkte).

  1. Seien $M_P$ und $N_Q$ Kreise. Wenn $M_P$ mindestens einen Punkt innerhalb von $N_Q$ und einen Punkt außerhalb davon, dann haben $M_P$ und $N_Q$ in jedem Halbraum von $MN$ einen eindeutigen Schnittpunkt.
  2. Sei $M_P$ ein Kreis und $\strahl {QR}$ ein Strahl. Wenn $Q$ im Innern von $M_P$ liegt, dann haben $M_P$ und $\strahl {QR}$ einen eindeutigen Schnittpunkt.

Wir nennen zwei Geraden parallel wenn sie entweder gleich sind, oder keinen gemeinsamen Punkt haben.

Axiom 4 (Parallelen-Axiom). Wenn $g$ eine Gerade ist und $P$ ein Punkt, dann existiert genau eine Gerade, die parallel zu $g$ ist und durch $P$ geht.

Eine Bewegung ist eine bijektive Abbildung $\varphi \colon \E ^2 \to \E ^2$ die den Abstand erhält: $\abs {\varphi (P)\varphi (Q)} = \abs {PQ}$.

Eine Bewegung $\varphi \colon \E ^2 \to \E ^2$ ist eine Translation (Verschiebung) wenn sie keinen Fixpunkt hat und jede Gerade auf eine zu ihr parallele Gerade abbildet. Wir verabreden außerdem, dass auch die Identität als Translation gilt. Eine Bewegung ist eine Rotation (Drehung) wenn sie genau einen Fixpunkt hat. Wieder gilt gemäß Vereinbarung auch die Identität als Rotation. Eine Bewegung ist eine Reflektion (Spiegelung) wenn ihre Fixpunktmenge eine Gerade ist. Dass Translationen, Rotationen und Reflektionen existieren, folgt nicht aus den bisherigen Axiomen, wir fordern es axiomatisch:

Axiom 5 (Bewegungen).

  1. Gegeben zwei Punkte $P$ und $Q$ existiert genau eine Translation $\tau $ mit $\tau (P) = Q$.
  2. Gegeben drei Punkte $P$, $Q$ und $Q'$ mit $\abs {PQ} = \abs {PQ'}$ existiert genau eine Rotation $\rho $ mit $\rho (P) = P$ und $\rho (Q) = Q'$.
  3. Gegeben eine Gerade $\ell $ gibt es genau eine Spiegelung $\sigma $, deren Fixpunktmenge die Gerade $\ell $ ist.