$\newcommand {\N }{\mathbb {N}}$$\newcommand {\Z }{\mathbb {Z}}$$\newcommand {\Q }{\mathbb {Q}}$$\newcommand {\R }{\mathbb {R}}$$\newcommand {\E }{\mathbb {E}}$$\newcommand {\id }{\operatorname {id}}$$\newcommand {\Isom }{\operatorname {Isom}}$$\newcommand {\defeq }{\mathrel {\mathop {:}}=}$$\newcommand {\eqdef }{=\mathrel {\mathop {:}}}$$\newcommand {\abs }[1]{\lvert #1 \rvert }$$\newcommand {\floor }[1]{\left \lfloor #1 \right \rfloor }$$\newcommand {\ceil }[1]{\left \lceil #1 \right \rceil }$$\newcommand {\seg }[1]{\overline {#1}}$$\newcommand {\strahl }[1]{\overrightarrow {#1}}$$\newcommand {\ang }{\sphericalangle }$$\newcommand {\gang }{\angle }$$\newcommand {\paritaet }{\operatorname {par}}$$\newcommand {\drehw }{\operatorname {ang}}$$\newcommand {\vektor }[1]{\underline {#1}}$$\renewcommand {\vec }{\operatorname {vec}}$$\newcommand {\protect }[1]{}$

3.6 Vektoren

In diesem und den folgenden beiden Abschnitten beschäftigen wir uns damit, wie man Bewegungen durch einfache Parameter beschreiben kann. Diese Parameter sind Verschiebungsvektor, Drehwinkel und Parität. Dabei werden wir auch die Gruppe der Bewegungen in kleinere Gruppen zerlegen.

Vektoren sind ein formales Konstrukt mit dem man unter anderem Verschiebungen beschreiben kann. Wenn $\tau $ eine Verschiebung ist, wollen wir die Beziehung

Q = τ(P)schreiben alsQ = P + v̲ (3.1)

wobei $\vektor {v} = \vec \tau $ der Vektor von $\tau $ ist. Da die Verschiebung $\tau $ durch (3.1) eindeutig bestimmt ist, ist auch der Vektor $\vektor {v}$ eindeutig bestimmt. Aus diesen Überlegungen leitet sich die folgende Definition ab.

Wenn $P$ und $Q$ Punkte sind gibt es einen Vektor von $P$ nach $Q$ den wir $\vektor {v} = Q - P$ schreiben. Zwei Vektoren $Q-P$ und $S-R$ sind gleich genau dann, wenn die Verschiebung, die $P$ auf $Q$ abbildet auch $R$ auf $S$ abbildet, was nach Proposition 3.13 genau dann der Fall ist, wenn $PRSQ$ ein Parallelogramm ist.

Wir können die Summe aus einem Punkt $P$ und einem Vektor $\vektor {v}$ bilden, das Ergebnis ist ein Punkt $P + \vektor {v}$. Diesen Punkt können wir wie folgt bestimmen. Wenn $\vektor {v} = S-R$ ist, gibt es einen (eindeutigen) Punkt $Q$, so dass $PRSQ$ ein Parallelogramm ist. Also ist $\vektor {v} = Q - P$ und dann ist \[ P + \vektor {v} = P + (Q-P) = Q\text {.} \] Wir können auch die Summe von zwei Vektoren $\vektor {v}, \vektor {w}$ bilden, das Ergebnis ist ein Vektor $\vektor {v} + \vektor {w}$. Diesen Vektor können wir wie folgt bestimmen. Wenn $\vektor {v} = P - O$ und $\vektor {w} = S - R$, dann gibt es, wie eben, einen Punkt $Q$, so dass $\vektor {w} = Q-P$ ist. Die Summe ist dann \[ \vektor {v} + \vektor {w} = (P - O) + (Q - P) = Q - O\text {.} \]

Der Null-Vektor $\vektor {0}$ kann zu einem Punkt oder Vektor hinzuaddiert werden ohne diesen zu ändern: $P + \vektor {0} = P$, $\vektor {v} + \vektor {0} = \vektor {v}$.

Zu jedem Vektor $\vektor {v}$ gibt es den negativen Vektor $-\vektor {v}$ mit der Eigenschaft $\vektor {v} + (-\vektor {v}) = \vektor {0}$. Wenn $\vektor {v} = Q - P$, dann ist $-\vektor {v} = P - Q$. Daraus ergibt sich, dass wir auch die Differenz von Vektoren bilden können: Wenn $\vektor {v} = Q-P$ und $\vektor {w} = S-R$, dann ist \[ \vektor {v} - \vektor {w} = \vektor {v} + (-\vektor {w}) = (Q - P) + (-(S - R)) = (Q - P) + (R - S)\text {.} \]

Die ganze Konstruktion ist so gemacht, dass Vektoren und Verschiebungen sich eineindeutig entsprechen:

Proposition 3.27. Jede Verschiebung $\tau $ verschiebt um einen Vektor $\vec \tau $ und zu jedem Vektor $\vektor {v}$ gibt es eine Verschiebung $\tau _{\vektor {v}}$ um $\vektor {v}$. Diese Zuordnungen sind zueinander invers.

Es gelten die folgenden Übersetzungen zwischen Verschiebungen $\tau , \tau _1, \tau _2$ und den zugehörigen Vektoren $\vektor {v}, \vektor {v}_1, \vektor {v}_2$: Q = τ(P) genau dann wenn Q = P + v̲ τ = τ2 τ1 genau dann wenn v̲ = v̲2 + v̲1 τ(P) = τ2(τ1(P)) genau dann wenn v̲ = P + v̲2 + v̲1 τ = id genau dann wenn v̲ = 0̲ τ1 = τ21 genau dann wenn v̲ 1 = v̲2.

Da die Reihenfolge von Verschiebungen nach Proposition 3.15 keine Rolle spielt, gilt dasselbe für Vektoren: $\vektor {v}_1 + \vektor {v}_2 = \vektor {v}_2 + \vektor {v}_1$. Daraus folgt unter anderem, dass für zwei Punkte $P$ und $Q$ und einen Vektor $\vektor {v}$ gilt $Q - P = (Q + \vektor {v}) - (P + \vektor {v})$, denn es ist \[ P + \vektor {v} + (Q - P) = P + (Q-P) + \vektor {v} = Q + \vektor {v}\text {.} \]

Damit erhalten wir eine weitere Vereinfachung: bisher haben wir darauf geachtet Summen von Vektoren zu klammern. Das ist nicht nötig, es ist: \[ (Q-P) + (S-R) = (Q-R) + (S-P)\text {.} \] In der Tat sagt diese Gleichung im Fall $Q = R$ nur, dass $(Q-P) + (S-Q) = S - P = (S - P) + (Q - Q)$ ist und den allgemeinen Fall erhalten wir, indem wir $R$ durch $Q = R + (Q-R)$ und $S$ durch $S + (Q-R)$ ersetzen.

Zusammenfassend stellen wir fest:

Proposition 3.28. Eine Summe $P_1 \pm P_2 \pm \ldots \pm P_k$ von Punkten mit Vorzeichen beschreibt einen wohldefinierten Vektor, wenn es gleich viele negative wie positive Vorzeichen gibt. Sie beschreibt einen wohldefinierten Punkt, wenn es ein positives Vorzeichen mehr als negative Vorzeichen gibt.