Jede Woche (meist zum Wochenende hin) sollen an dieser Stelle einige Highlights des kommenden Bundeskongresses und Informationen über Bielefeld und Umgebung vorgestellt werden - soweit möglich thematisch gebündelt.

1. Lukas Forscherland - Die Lichtwerkstatt
2. Ganz Ostwestfalen im Roboter-Fieber
3. Jüdische Mathematiker in der deutschsprachigen akademischen Kultur
4. Bioinformatik - eine Schlüsselwissenschaft des 21.Jahrhunderts
5. Bielefeld gibt es nicht?
6. Rotkohl: Blaukraut oder Rotkraut?
 
7. Leonardo da Vinci und Daniel Düsentrieb
Deutschland jammert über den Mangel an Ingenieuren. Aber der Beruf des Ingenieurs erscheint vielen unattraktiv, Naturwissenschaften und Technik scheinen ihre Faszination verloren zu haben. Der Bielefelder Bundeskongress wird sich in vielfältiger Weise der Frage widmen, wie man einerseits vermeidet, dass die ursprüngliche Begeisterung von Kindern für Natur und Technik im Keim erstickt wird, und wie man andererseits versuchen kann, das Interesse daran neu zu wecken. Insbesondere zeigen zwei Ausstellungen Möglichkeiten fächerübergreifender Projekte auf. Dabei wird gleichzeitig die kulturelle Einordnung des Ingenieurs thematisiert.
"Dem Ingenieur ist nichts zu schwör" - Die Erfindungen des Daniel Düsentriebs
Anlässlich des Bundeskongresses werden in einer Ausstellung dreidimensionale Nachbauten von Erfindungen Daniel Düsentriebs gezeigt - es handelt sich hier um ein Projekt der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen.
Seit über 50 Jahren erfindet der Entenhausener Ingenieur Daniel Düsentrieb ausgefallene und abenteuerliche Gerätschaften und Maschinen wie den zusammenklappbaren Hubschrauber oder den "Brieftaubomaten". Diese genialen, bisher nicht realisierten Düsentriebschen Erfindungen werden nach den Vorlagen aus Walt-Disney-Comics als dreidimensionale Nachbauten präsentiert, an der Realisierung waren auch Schüler der Kardinal-von-Galen-Hauptschule in Schöppingen beteiligt. Die Ausstellung zeigt neben den Düsentrieb-Modellen auch die Comics, die als alleinige Vorlage und Bauanleitung zum Nachbau dienten. Oben das Beispiel eines Besen-Regenschirms.
Weitere Modelle, die gezeigt werden: aber auch eine "Super-Patsche" zur Bekämpfung lästiger Fliegen. Und es gibt die wandernde Laterne, die gleichzeitig Bücher hält: so kann man auch in der Nacht beim Bücherlesen unbeschwert herumlaufen.

Vollständige Liste der ausgestellten Objekte.

Carl Barks schuf viele der Figuren im Umfeld von Donald Duck, so 1952 auch Gyro Gearloose, den die Übersetzerin Erika Fuchs in Daniel Düsentrieb umtaufte. Die Formulierung Dem Ingenieur ist nichts zu schwer ist aber viel älter, es ist dies die erste Zeile eines Loblieds auf die Ingenieure von Heinrich Seidel (1842-1906); bei Walt Disney heißt es: The engeneer in full geer.

Zur Ausstellung gibt es einen Ausstellungskatalog, in dem jeweils parallel die Vorlagen und die Modelle abgebildet sind. Josef Spiegel, der Geschäftsführer der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen präsentiert die Objekte übrigens am liebsten in der jeweils passenden Umgebung: den Luftroller im Reisebüro, die Brieftaubomaten in der Post, den Detektor nichtexistenter Dinge in einer Kirche (aber letzteres zumindest durfte er bisher nicht).

Spiegel betont das Zusammenspiel von Kunst und Technik (und Humor), und er zitiert dazu Maxim Gorki: Die Kunst lebt von Erfindungen der Phantasie, die Wissenschaft macht die Erfindungen der Phantasie zur Wirklichkeit.

Ingenieure, Erfinder, Tüftler.
Nicht nur Daniel Düsentrieb ist für seine genialen Erfindungen bekannt. Als die Ausstellung im Frankfurter Museum für Kommunikation gezeigt wurde, wurde sie von Studierenden der Universität Frankfurt durch weitere Dinge, die die Welt (nicht) braucht ergänzt.

In Zeitungen und im Internet stößt man auf unzählige Berichte über Erfindungen wie etwa Spaghetti-Gabeln mit drehbarem Antrieb, oder Regenschirme für Hunde. Von Michael Baumgart wird berichtet, dass er mit seinem C2C-Konzept Cradle to Cradle eßbare Sitzbezüge für den Airbus A 380 entwickelt habe, oder auch Teppichböden, die mit Hilfe von Bakterien gleichzeitig die Luft reinigen. Auch soll er Bush vorschlagen haben, die elektrischen Stühle aus Gründen des Umweltschutzes mit Windenergie zu betreiben.

Beim Bundeskongress wird in einer Vielzahl von Beiträgen herausgearbeitet, wie wichtig es ist, die Kreativtät der Kinder zu fördern (oder wenigstens nicht zu behindern), eine Aufstellung dieser Vorträge und Workshops würde hier den Rahmen sprengen. Ganz offensichtlich ist dies eines der Leitthemen des Kongresses.

Das Symposium: MINT in der Berufsausbildung
Wenn Handwerkskammern und Ausbildungsbetriebe die mangelnden Kenntnisse der Schulabgänger kritisieren, so ist wichtig nachzufragen, welche Kenntnisse überhaupt erwartet werden. Das MINT-Symposium geht dieser Frage nach. Geplant ist ein Dialog mit einigen regionalen Firmen, um Anforderungen an Azubis in verschiedenen Berufen zu diskutieren.

In diesem Zusammenhang soll auch auf das Info-Mobil Ausbildungsmöglichkeiten in der Metall- und Elektroindustrie hingewiesen werden, das am Dienstag vor der Universität steht.

"Es gibt immer eine andere Möglichkeit!" - Leonardo da Vinci
Von Leonardo da Vinci (1452-1519) gibt es eine Fülle von Skizzen, in denen er Entwürfe für alle möglichen (und unmöglichen?) Dinge vorlegt. Der Studiengang "Produktentwicklung" an der Fachhochschule Bielefeld unter Leitung von Professor Langer hat diese Ideen aufgegriffen und viele davon umgesetzt. Sie können in einer Ausstellung im Alten Ziegeleimuseum in Lage (etwa 20 km östlich von Bielefeld) besichtigt werden, die Exkursion E 01.03 am Donnerstag führt dorthin.

Das Bielefelder Leonardo-Projekt unterscheidet sich von den vielen anderen Versuchen, Leonardos Ideen auch dreidimensional zu präsentieren, dadurch, dass die nach den Vorlagen Leonardos konstruierten Modelle wirklich funktionsfähig sind. Hier werden die Vorstellungen Leonardos ernstgenommen, sie werden abgeklopft inwieweit sie realisierbar sind (und die meisten sind es); im wahrsten Sinne des Wortes kann Leonardo auf diese Weise "begriffen" werden. Hier ein Beispiel eines Schneckenradgetriebes

Einige weitere Modelle, die gezeigt werden:

Mehr Informationen gibt es auf der folgenden Seite: Liste der Modelle

Auch zur Leonardo-Ausstellung gibt es einen Ausstellungskatalog.

Das Bild des Ingenieurs
Deutschland fehlen Ingenieure. Dass das Bild des Ingenieurs so unattraktiv geworden ist, ist seltsam, denn lange Zeit war dies gerade in Deutschland ganz anders, wie etwa Goethes Faust II zeigt: aus dem Himmelsstürmer und Helenabeschwörer wird zum Schluss ein Deichbau-Ingenieur. Für die gängige gegenwärtige Interpretation ist aber völlig klar, dass dies nicht nur auf den ersten Blick enttäuschen muss - Es kann gar keine Rede davon sein, dass Faust nun in irgendeiner Form etwas Positives geleistet hat. Es ist im Grunde ein Abstieg .... (Theater Ulm, Spielzeit 07/08). Noch 1963 versuchte Erich Trunz herauszuarbeiten, dass sich gerade am Ende, wenn Faust der Magie abschwört und nur noch Ingenieur sein will, seine Stärke bewährt.

Wenn sich die Gesellschaft schwer damit tut, den CO2-Ausstoß wirklich drastisch einzuschränken, dann sollte sie wenigstens daran interessiert sein, dass es in Zukunft genügend viele Deichbau-Ingenieure gibt.

 
  Redaktion: CMR. Bildnachweis: Ausstellungskatalog Daniel Düsentrieb (2), Langer (2)